Faschismus in Italien: Benito Mussolini

Faschismus in Italien: Benito Mussolini
Faschismus in Italien: Benito Mussolini
 
Der Begriff »Faschismus« bezieht sich auf ein aus der Antike übernommenes Symbol der Amtsgewalt. Die römischen Magistrate trugen die Faszes, ein Rutenbündel mit Beil, die für das Recht, zu züchtigen und die Todesstrafe zu verhängen, standen. Ab 1926 waren die Faszes das offizielle Staatssymbol Italiens.
 
Die 1919 von Benito Mussolini (1883-1945) gegründete antisozialistische und antikapitalistische Bewegung der »Fasci di combattimento« sprach mit einem militanten Nationalismus vor allem ehemalige Frontsoldaten an und traf in der italienischen Nachkriegskrise auf die Unzufriedenheit breiter Massen mit den Ergebnissen der Friedensverträge. Dabei gehörte Gewalt von Anfang an zum Mittel der politischen Auseinandersetzung. Die Italiener fühlten sich als Besiegte, obwohl sie, an der Seite der Entente stehend, beträchtliche territoriale Gewinne verbuchen konnten; ihre kolonialen Hoffnungen hatten sich nicht erfüllt, auch nicht die aus den Zusicherungen der Westmächte beim Kriegseintritt Italiens genährten Ambitionen auf Erwerbungen in Dalmatien und Albanien.
 
Die Unfähigkeit der Parteien, miteinander zu koalieren und den Versuch zu unternehmen, aus der katastrophalen, durch Geldentwertung, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit geprägten Nachkriegssituation einen Ausweg zu finden, verschaffte der faschistischen Bewegung Zulauf. Unterstützung erfuhr sie auch von Armee und Polizei, von der staatlichen Bürokratie und von der Wirtschaft, die in den faschistischen Organisationen einen Schutzschild gegen die Bestrebungen der Sozialisten sahen, in Italien eine Revolution nach russischem Vorbild auszulösen. Ihren Erwartungen kam Mussolini mit Loyalitätsbekundungen gegenüber Monarchie, Kirche und alten Eliten entgegen.
 
Dann aber bahnte sich Mussolini durch den von ihm inszenierten »Marsch auf Rom« am 27./28. Oktober 1922 mit seinen paramilitärischen Verbänden gewaltsam den Weg zur Macht. König Viktor Emanuel III. ernannte ihn am 30. Oktober zum Ministerpräsidenten einer nationalen Regierung, der vier Faschisten angehörten. Mussolinis Regierungsprogramm war im Wesentlichen eine Sammlung antidemokratischer Ressentiments, des An tiliberalismus und Zentralismus. Zur Sanierung des Staates erhielt die Regierung außerordentliche, auf ein Jahr befristete Vollmachten, die Mussolini nutzte, um mit der Gründung des Faschistischen Großrates am 15. Dezember 1922 und der Institutionalisierung der faschistischen Kampfgruppen die Umwandlung des politischen Systems einzuleiten. Im März 1923 wurde die Partei der Nationalisten mit dem »Partito Nazionale Fasci sta« (PNF) vereinigt, in den folgenden Jahren wurden alle nichtfaschistischen Parteien verboten und die individuellen Grundrechtsgarantien sowie die Gewaltenteilung beseitigt. Justiz und Verwaltung wurden gleichgeschaltet und die Pressefreiheit aufgehoben. Das Führerprinzip wurde auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen eingeführt (»stato totalitario«).
 
In der Außenpolitik ordnete sich das faschistische Italien zunächst in die von Frankreich und Großbritannien dominierte europäische Nachkriegsordnung ein. Es schloss Freundschaftsverträge mit Spanien, Rumänien, Ungarn, der Türkei und Abessinien (Äthiopien). Am 11. Februar 1929 wurden mit dem Vatikan die Lateranverträge abgeschlossen, in denen der italienische Staat die Souveränität und Regierungsgewalt des Papstes über die »Città del Vaticano« anerkannte und der Papst die Römische Frage, den bis dahin ungelösten Gegensatz zwischen der Herrschaft des Papstes über den Kirchenstaat und der italienischen Einigungsbewegung, für beendet erklärte. Ein Konkordat bestätigte den Katholizismus als Staatsreligion und beschwichtigte damit die alten Führungsschichten in Italien.
 
Mit der gemeinsamen Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg begann die enge Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschland.

Universal-Lexikon. 2012.

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